Legendäres Design-Haus von Star-Regisseur Antonioni an Sardiniens Costa Paradiso soll saniert werden

Costa Paradiso, 4. November 2021. Beton und Sardinien sind zwei Sachen, die nie zusammengepasst haben und nie zusammenpassen werden. Die Insel konnte sich bislang im Glück wiegen, dass diese Tourismus-Plage, die zahlreiche Plätze der Balearen und Kanaren verschandelt hat, bislang erspart geblieben ist.

Doch es gibt eine ganz besonders Ausnahme, die bereits seit einem halben Jahrhundert existiert und hinter der zwei Götter des italienischen Kinos stecken: La Cupola – „Die Kuppel“ – jener sphärische Wohnbunker, den Italiens Star-Regisseur Michelangelo Antonioni 1970 an der Costa Paradiso, am östlichen Ende des Golfo dell’Asinara an der Nordküste Sardiniens bauen ließ. Und die nun, nach Jahren des totalen Zerfalls und Vandalismus, mit ihren ungewöhnlichen Zimmern und spektakulären Terrassen, die sich ein paar Dutzend Meter über dem Meer und den roten Felsen in der Macchia ducken, von der Stiftung „Fondo per l’ambiente Italiano“ saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.

Die „Kuppel“ auf der an historischen oder avangardistischen Baustilen eher armen, zweitgrößten Mittelmeerinsel wird zwar von einigen Enthusiasten und Deutungsmeistern als „Muschel“ zumindest verbal in die ansonsten unberührte Natur integriert. Dennoch gilt die „Cupola“ als ein herausragendes Architektur-Beispiele. Der Architekt Dante Bini, ein Freund Monica Vittis, entwarf dieses Haus für Antonioni, das Anfang der 70er-Jahre schnell zu einem Anziehungspunkt der Film- und Kunstwelt in Italien wurde.

Antonioni schrieb Drehbuch für „Rote Wüste“ auf Sardinien

Die Entstehungsgeschichte hängt direkt mit einem berühmten Film zusammen, den Antonioni 1964 mit seiner damaligen Frau, der Schauspielerin Monica Vitti, drehte: „Die Rote Wüste“, das erste Farbfilm-Werk des neoklassizistischen Regisseurs, dem später Leinwand-Klassiker wie „Zabriskie Point“ (das Skript für diesen Film schrieb Antonioni genau hier, in seiner Cupola an der Costa Paradiso!!) und „Blow Up“ folgten. Der Streifen spielte in einer Industrie-Region von Venetien. In einer Szene, die rund fünf Minuten dauert, erzählt Vitti ihrem Film-Sohn von einem Traum, in dem sie als kleines Mädchen an einem einsamen Strand spielt. Diese Szene wurde am Rosa Strand von Budelli gedreht – einem winzigen Eiland im Maddalena-Archipel.

Antonioni hatte während der Dreharbeiten auf Budelli einen Geschäftsmann kennengelernt, der an dem Küstenabschnitt in der Gallura gerade Grundstücke aufkaufte, um dort Feriensiedlungen zu errichten. Abgesehen von der spektakulären Lage ist auch die Stahlbeton-Konstruktion etwas ganz Besonderes: die Betonsphäre wird über ein ballonähnliches Luftdruck-System in seine endgültige Form gebracht und ausgehärtet. Der Name dieser genialen Konstruktion trägt den Namen ihres Erfinders, den Vitti zuvor bei Dreharbeiten in Cortina d’Ampezzo kennengelernt hatte: Binishell, die „Bini-Schale“.

Deutscher Regisseur verewigt La Cupola in Dokumentarfilm

Die Erben des Hauses überließen die Cupola allerdings schon vor etlichen Jahren sich selbst. 2016 widmete der deutsche Regisseur Volker Sattel dem Haus einen 40-minütigen Dokumentarfilm, der auf zahlreichen Festival weltweit gezeigt wurde. Auf den Bildern sind noch diverse Möbel zu sehen – offenbar Originale. Danach allerdings drangen immer öfter Unbekannte in das Haus ein, stahlen Einrichtungsgegenstände oder zerstörten sie.

Der Trailer des Dokumentarfilms von Volker Sattel.

Petition für Sanierung von Antonionis Haus an Sardiniens Nordküste

Nachdem sich neben dem niederländischen Star-Architekten Rem Koolhaas immer mehr Architekten für eine Erhaltung und Sanierung der Bausubstanz ausgesprochen hatten, stellte die „Fondo per l’ambiente Italiano“ (FAI) als Stiftung, die sich dem Erhalt von wichtigen Kulturgütern verschrieben hat, 2020 eine Bilderserie der Cupola auf der Rangliste I luoghi del Cuore ein.

Ziel ist, die Cupola zu sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Verändert oder abgerissen werden kann die Villa ohnehin nicht mehr, nachdem das italienische Kultusministerium den Bau 2016 unter Denkmalschutz stellte.

Getan hat sich seit 2020 in Bezug auf die Bereitstellung von Geldmitteln für die Sanierung jedoch noch nichts Konkretes. Aber es ist ja auch erst etwas mehr als ein Jahr vergangen seit dem Start der Initiative. Und das ist in der Geschichte der italienische Baudenkmäler und ihrer Erhaltung so gut wie nichts.

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