Cagliari: Hafen im Aufwind

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Seit rund fünf Jahren gehört Cagliari zum festen Programm für Mittelmeer-Kreuzfahrten. So richtig brummen soll das Geschäft im kommenden Jahr: 90 Ozeanriesen wollen mit insgesamt 150.000 Passagieren hier festmachen – ein neuer Rekord.

Die Weiße Stadt ist ein immer lohnenderes Ziel: das historische Zentrum ist übersichtlich, die vielen verwinkelten Gässchen und Restaurants können bequem vom Hafen aus zu Fuß erreicht werden. Es vergeht inzwischen kaum eine Woche, in der nicht irgendwo ein neues eröffnet wird. Die Altstadtviertel Villanova, Marina, Stampace und Castello putzen sich immer mehr raus.

Ins Grübeln kommt, wer vor der Stazione Marittima steht, die von der Hafenstraße Via Roma und deren eleganten Arkaden ins Hafenbecken ragt: Wie kann es sein, dass sie aussieht wie ein ausgebleichter, riesiger Schuhkarton auf einem Kai, an dem nicht mal mehr Passagierschiffe anlegen? Die Antwort lautet: Wo in Cagliari Stazione Marittima draufsteht, ist nicht Stazione Marittima drin.

Im Vergleich zum Info-Point, dessen Erscheinung direkt vor Bahnhof und neoklassizistischem Rathaus den Kreislauf selbst kerngesunder Menschen auf eine harte Probe stellt, hätte die Stazione Marittima zweifellos noch das Prädikat ‚prächtiger Palast‘ verdient. Dieser architektonische GAU mit dem Charme einer seit zehn Jahren sich selbst überlassenen öffentlichen WC-Anlage ist inzwischen zum Glück geschlossen. Wenn sich die Stadt aber nicht mit dem Abriss sputet, wird sie am Ende noch verklagt, falls sich die Lebensgeister eines zu geschmackssensiblen und vielleicht nicht ganz so gesunden Menschen bei diesem Anblick einfach aus dem Staub machten…

schc3b6ne-aussichten-am-molo-ichnusaDoch die Dinge in Cagliari bessern sich langsam. Auch am Hafen tut sich einiges. So haben die Behörden gerade bekannt gegeben, dass noch im Dezember mit der Errichtung einiger Pavillons an jenem Kai begonnen werden soll, wo die großen Kreuzfahrtschiffe anlegen: dem Molo Rinascita. Dort soll künftig ein Home Port entstehen – das erste funktionierende Kreuzfahrt-Terminal des Hafens im Jahr Fünf des Kreuzfahrt-Tourismus.

Der Name passt wie die Faust aufs Auge, weil er Stadt und Reisenden Hoffnung gibt, denn rinascita bedeutet ‚Wiedergeburt‘. Die Hoffnung richtet sich vor allem auf die Chefetagen von Hafengesellschaft und Rathaus, die beide erst vor kurzem ausgewechselt wurden.

Vor allem bleibt zu hoffen, dass jetzt, wo der Tourismus die Stadt und die Stadt den Tourismus entdeckt haben, künftige Projekt in diesem schönen, in der Vergangenheit sträflich vernachlässigten Areal besser geplant und umgesetzt werden. Ein neues und modernes Kreuzfahrt-Terminal gibt es nämlich längst – am Molo Ichnusa.

Das 5 Millionen Euro teure Projekt wurde 2008 mit viel Tamtam eingeweiht, ohne das bislang auch nur ein einziger dieser schwimmenden Wolkenkratzer dort je angelegt hätte. Denn erst, als das Terminal fertig war, stellten die Verantwortlichen fest, dass die großen Kreuzfahrtschiffe dort auf Grund laufen würden, weil das Fahrwasser viel zu flach ist – und zwar um mehrere Meter. Ein nachträgliches Ausbaggern hätte erhebliche statische Nachbesserungen erfordert und wurde aus finanziellen Gründen verworfen.

Der Molo Ichnusa geht den Kreuzfahrtgiganten daher heute glatt am Allerwertesten vorbei.

 

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