Die zehn besten Rotweine aus Sardinien

Perdera – Monica, DOC, Argiolas (Serdiana, Provinz Cagliari)

Dieser Monica ist ein Juwel unter den preiswerten und erstaunlich guten Rotweinen Sardiniens. Die Trauben, durch Carignano und Bovale Sardo ergänzt, wachsen auf den leicht geneigten, kalkhaltigen Lehmböden 40 Kilometer nördlich von Cagliari in 200 Metern Höhe bei den kleinen Ortschaften Selegas und Guamaggiore. Reift für kurze Zeit auch in französischen Eichenfässern. Von rubinroter mit dunklen Granatreflexen, duftet sein volles Bukett nach Brombeeren und Himbeeren, die angenehm auch auf der Zunge Runterschlucken mit einem Hauch warmer Süße. Passt laut Hersteller besonders gut zu Pasta mit Tomatensoßen, deftigen Fischsuppen, gegrilltem Tunfisch, Lammauflauf und mittelaltem Pecorino. Passt meiner Meinung nach zu allem. Auch der “Gambero Rosso” ist ziemlich begeistert – und prämierte Perdera mit zwei von drei Gläsern. Amerikas Wein-Papst Robert Parker zeichnet ihn mit 90 von 100 Punkten aus.

Guter Preis: um 6 Euro

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Serranu –  Muristellu (Bovale) und Merlot, IGT, Kellerei Tani (Monti, Provinz Sassari)

100 Hektar Weinberg auf galluresischem Granit zwischen 500 und 600 Metern Höhe, flankiert von jahrhundertalten Korkeichen und 1980 als Cantina Tani gegründet, nur 15 Autominuten westlich von Olbia gelegen: Wer sich das Weingut in Monti sieht, wird keine schrillen Stahl-, Beton-, Glas- und Tropenholzkonstruktionen sehen, die viele Winzereien heute in der Regel schmücken und vom Wesentlichen ablenken. Die Önologen von Tani konzentrieren sich sich nur auf die Arbeit. Und das wurde 2019 sozusagen mit den “Nobel”-Preis für Weine belohnt – Platz 1 von allen italienischen Rotweinen bei Vinitaly!

Wenn Weine Preise gewinnen, klingt das zwar gut. Aber muss noch lange nicht heißen, dass er auch jedem schmeckt – vor allem mir. Aber diese Kreation ist wirklich Wahnsinn: Der Serranu entfacht auf der Zunge ein Feuerwerk, das so selten wie intensiv und ausgeglichen ist: ein Aromen-Kondensat dunkler, kräftiger Waldbeeren ohne jede Spur von Aufdringlichkeit oder Säure, mit deutlichen Tanninen, die sich dezent einfügen und den Gaumen mit einem Wohlgefühl hinunter rinnen, als wäre diese Mischung die Mutter aller Aromen.

Auf dem Etikett dieses rubinroten Tropfens mit Granatreflexen steht nur uvaggi vari, verschiedene Trauben. Die Traube jedoch, die das Fundament dieses wunderbaren Weins bildet, verrät gemeinsam mit dem Gütesiegel IGT, welches Konzept hinter diesem Roten steckt: Er ist das Anti-Konzept alter, sardischer Kellerei-Kunst, die nichts mehr als Handwerk war. Denn sie mied nicht-autochtone Trauben wie der Teufel der Weihwasser – und verschmähte moderne Kellerei- und Verschnitttechniken (hier ein paar Infos mehr zu den sardischen Besonderheiten der Kellerei-Kunst). Dabei ist die Basis des Serranu mit Muristellu (bekannter als: Bovale) eine Traube, die von den Spaniern um das Jahr 1300 nach Sardinien gebracht wurde. Sie gilt als schwierig zu keltern (ohne andere Trauben, deswegen ließen selbst die Sarden mit ihrem extrem abgehärteten, bäuerlichen Wein-Sensorium es irgendwann bleiben), vermischt mit einem Schuss Merlot. Der Preis ist mit rund 50 Euro nicht von Pappe. Aber für mich gehört der Serranu zu den Weinen, die wirklich jeden Cent wert sind.

Passt offiziell gut zu deftigen Fleisch-Gerichten wie Maialetto (Spanferkel), Wild und reifen Käsesorten. Passt meiner Meinung nach jederzeit auch perfekt ohne alles, nur in einem großen Rotweinschwenker und mit Blick auf sardische Panoramen.

Guter Preis: ewta 50 Euro

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Korem – Ovale Sardo, IGT, Argiolas (Serdiana, Provinz Cagliari)

Ein sehr dichter, rassiger Roter mit angenehm leichtem Abgang, der zu 75 Prozent aus Bovale Sardo, 15 Prozent Carignano und 10 Prozent Cannonau gekeltert wird – und damit ein spiegelverkehrtes sardisches Trauben-Potpourri. Die Bovale-Traube gilt unter Winzern als schwierig zu kultivieren, nur wenige trauen sich an sie so entschieden heran. Der Kellerei Argiolas wusste genau, warum sie sich für Bovale entschieden und ihn mit den beiden weitaus bekannteren Trauben versetzten. Herausgekommen ist ein sehr charakteristischer Rotwein mit mineralischer Würze der lehmhaltigen, kalkigen Böden des Anbaugebietes Sa Tanca unweit von Serdiana.
Dem Korem, was auf Griechisch für ‘Mädchen’ steht, merkt man das im Süden der Insel noch stärkere Feuer der Sonne an, die auf bis zu 300 Metern Höhe zudem durch den oft heißen Scirocco verstärkt wird, der hier gerade mal seit 20 Kilometer das Meer bei Cagliari hinter sich gelassen hat. Das erste Jahr verbringt der extrem dunkelrote Korem in neuen Eichenfässern, dann reift er ungefiltert etwa sechs Monate in der Flasche nach. Riecht fruchtig nach Beeren und Sauerkirschen mit Nuancen von Minze. Angenehme Tannine, in die sich im Mund Noten von Vanille und Gewürze mischen. Passt sehr gut zu allen kräftigen Gerichten wie reifem Pecorino, Pasta mit Fleischsoße (als Wildschwein-Ragout oder Tomatensoße mit Salsiccia-Stücken), maialetto (dem sardischen Ferkel) und agnello (Lamm). Robert Parker: 91 (von 100) Punkten; Gambero Rosso: 2 (von 3) Gläsern

Guter Preis: 17 Euro

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Rocca Rubia – Carignano, Riserva, DOC (Santadi, Provinz Cagliari)

Ein umwerfendes Elixier, in dem die ganze Kraft der typischen Noten des Carignano steckt, der klassischen Traube der Sulcis-Region in Sardiniens Südwesten. Die von edlen Tanninen dominierten Trauben dieses Riserva, der bis zu 12 Monate in französischen Eichenfässern reift, wachsen um das Dorf Santadi, das in den grünen Hügeln etwa 20 Kilometer nördlich der südlichsten Spitze Sardiniens vom Meer entfernt liegt. Die Böden sind stark lehm- und sandhaltig, das Klima im Sommer besonders warm und trocken.
Doch Vorsicht: Wer das Bukett dieses tiefrubinroten Weines aus dunklen Wald- und Wiesenfrüchten wie Myrte, Blau- und Brombeeren, Vanille, Ledertönen und Lakritze einmal riecht, die sich samtig auf der Zunge und am Gaumen harmonieren und lange anhalten, wird kaum noch verhindern können, ihn auch sofort zu trinken.
Der Rocca Rubia ist eines der leckersten Symbole für die noch junge Geschichte der Aufwertung sardischer Weine, für die in diesem Fall der piemontesische Önologe Giacomo Tachis verantwortlich zeichnet, seit Jahrzehnten unangefochtener Fürst der italienischen Weinrenaissance. Erste Wahl für herzhafte Fleischspeisen (vor allem Ferkel, Wildschwein) und kräftige Sorten reifen Pecorinos.

Guter Preis: um die 13 Euro

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Buio – Carignano, DOC (Mesa, Santana Arrest, Provinz Cagliari)

Die Kellerei Mesa Cantina Vinicola, einen Steinwurf von der kleinen ehemaligen Fischersiedlung Porto Pino in Sardiniens Südwesten entfernt, zählt zu den jungen, avangardistischen Kellereien der zwar seit einer Ewigkeit existierenden, aber fast genau so lange Qualität vermissenden Wein-Geschichte Sardiniens. Die Carignano-Traube verlangt besonders viel Wärme und liebt sandige, kalk- und tonhaltige Böden wie jene, die es in der Sulics-Region in Sardiniens Südwesten gibt und ihr besondere Geschmacksnoten verleiht.
Der Buio  (buio bedeutet zu Deutsch “dunkel”) ist eine rassige, sehr harmonische Version des Carignano. Das Bukett dieses rubinroten Weines mit leichten Granat-Reflexen duftet elegant nach frischen, roten Beeren mit Tönen von Geranien und schwarzem Pfeffer, zu denen sich auf der Zunge balsamische Essenzen und Töne jungen Holzes gesellen. Empfohlene Serviertemperatur 16°-17°C. Wird empfohlen zu rotem Fleisch, gegrilltem Thunfisch, Wildgeflügel und feinem Pecorino.

Guter Preis: ca. 9 Euro

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Cagnulari – Cagnulari, IGT, Azienda Vinicola Chessa (Usini, Provinz Sassari)

Die Traubenart steht in Italien für Sardinien, auch wenn sie hier – wie die meisten der Insel – von den Spaniern eingeführt wurde, die sich rund 400 Jahre (14. bis 18. Jh.) über das Könighaus Aragon zu den Herren der Sarden gemacht hatten. Die besten Cagnulari kommen aus der Region um Sassari, vor allem in der Nähe von Usini. Und genau dort kellert Chessa seinen Cagnulari.
Die Traube, die dem spanischen Graciano ähnlich ist, reift später als andere, bringt geringere Erträge als die meisten anderen Trauben und war auf Sardinien lange Zeit in Vergessenheit geraten. Anfang der 80er-Jahre wurde sie in Usini wiederentdeckt, zunächst jedoch meist verschnitten. Mit dem deutlichen Qualitätssprung der Kellereimethoden haben einige Produzenten in jüngster Zeit aber sehr gelungene reine Cagnulari-Kompositionen kreiert.
Die aus dem Hause der noch jungen Kellerei Chessa ist zweifellos eine der gelungensten. Das Bukett des Cangulari wird intensiv von roten Beeren dominiert und ist kräftig, aber sehr harmonisch, was auch für den Geschmack gilt, der durch angenehme Tannine und würzige Noten noch dichter wird. Das Reifen in Eichenfässern hinterlässt würzige Spuren. Seine Komplexität sieht man schon seiner Farbe an – einem dunklen Rubinrot mit violetten Reflexen. Passt laut Produzent besonders zu Pasta mit Tomatensoßen, deftigen Fischsuppen, gegrilltem Tunfisch, Lammauflauf und mittelaltem Pecorino. Passt meiner Meinung nach zu fast allem und auch solo.
Wein-Dechanter Silber-Medaille 2011 (Gold 2010)

Guter Preis: ca. 12 Euro

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Dule – Cannonau, Riserva, DOC, Cantina Giuseppe Gabbas

 Nur 20 Hektar umfasst das Weingut der Azienda Agricola von Giuseppe Gabbas, das sich in einem Hochtal fünf Kilometer südwestlich von Oliena dort befindet, wo Sardinien am archaischsten geblieben ist: im Herzen der Barbagia am Fuß des Supramonte-Gebirges. Das Terrain, in dem es früher eine Siedlung namens Dule gab, ist ein natürliches Paradies für den Weinbau: Die Granitböden trocknen auch in sehr heißen Sommern nie ganz aus und werden stets gestreichelt von leichten Brisen, die hier zwischen Bergen und nur 20 Kilometer entfernten Meer am Golfo di Orosei wehen.
Vendemmia verde lautet eine der Zauberformeln für diesen charaktervollen Trunk, der den Duft von Kirsch-, Leder-, Röst- und Lakritzaromen verströmt: Die Trauben werden einen Monat früher als üblich schon im August von den Reben geschnitten, die sich in Lagen zwischen 240 und 350 Metern befinden. Auf diese Art kommen die speziellen Aromen und Tannine der Trauben noch intensiver zur Geltung. Der Dule (so hieß eine alte Siedlung) reift nach der Fermentation, die bis zu 25 Tage dauern kann, 12 Monate in französischen Eichenfässern und dann nochmal bis zu 12 weiteren Monaten in der Flasche. Schmeckt samtig und warmfruchtig, (?) ein passender Begleiter für kräftige, würzige Fleischspeisen. Entfaltet seine Aromen perfekt bei 18°C.
Der Wein wurde vom Gambero Rosso mehrfach mit 3 Gläsern ausgezeichnet.

Guter Preis: 15 Euro

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Icoré – DOC, Cantina Sociale di Dorgali (Dorgali, Provinz Nuoro)

Mit diesem Wein gelang der Kellerei von Dorgali, das hoch oberhalb von Cala Gonone über dem Golf von Orosei liegt, ein schönes Beispiel dafür, dass gute Weine nicht teuer sein müssen. Icoré ist ein reiner Cannonau – was keinesfalls selbstverständlich ist, denn oft wird diese Traube, Symbol des sardischen Rotweins, mit anderen verschnitten. Selten ist zudem, dass Flaschenweine dieser Preiskategorie in Barrique-Fässern reifen – in diesem Fall in zwei dreimonatigen Zyklen (plus Zementfass & Flasche).
Die Winzer setzen im Gegensatz zu vergangenen Zeiten zugunsten der Qualität auf niedrig gehaltene Traubenerträge, konzentrieren sich auf die ursprünglichen Grundelemente der Weinwirtschaft und verzichten auf komplizierte Kellerei-Methoden.
Das Ergebnis dieses granatroten Tropfens mit violetten Reflexen ist ein würziger Wirbelsturm von Aromen, deren Grundlage in den Granitböden der Weinfelder von Isalle steckt, durch fünf Kilometer östlich von Nuoro liegen.
Sein Bukett duftet aphrodisisch nach Salbei und Geraniol (die höchsten Anteile von Geraniol sind im Öl von Rosen und Geranien enthalten; es kommt auch bei Lorbeer, Muskat und Koriander vor und ist Bestandteil etlicher Parfüms und ätherischer Öle). Im Geschmack ist der Icoré angenehm trocken, warm, voll und weich mit dezenten Aromen von Gewürzen und Beeren und karamellartigen Tanninen, im Abgang ausdauernd und rein. Schmeckt am besten zu herzhaften Gerichten wie Lasagne, dunklem Fleisch und reifen Käsesorten. Und ist auch der Hammer, wenn er mal zwischendurch getrunken wird – m besten 16-18 Grad warm und eine halbe Stunde vorher dekantiert.

Guter Preis: um die 5,50 Euro

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Thesys – Bovale (80%), Syrah (20%), IGT (Kellerei Pala, Serdiana, Provinz Cagliari)

Ein überraschend dichter, aber feiner Wein unter den schweren sardischen Roten, der in seiner Fruchtigkeit an südamerikanische Üppigkeit erinnert. Schmeckt stark nach kleinen Waldbeeren mit Noten von Maraska (Sauerkirschen) und Pflaumen, würzigen Lederaromen und geröstetem Kaffee. Die Weingüter der Kellerei Palma aus Serdiana 20 Kilometer nördlich von Cagliari sind über die gesamte Provinz bis an die Nordgrenze Richtung Oristano verteilt. Dort kommen auch die Bovale-Trauben her, die bei Uras nahe dem Meer auf sandigem Grund wachsen, während die Syrah-Traube auf den lehmigen Böden bei Senorbì in 260 Metern Höhe knapp 20 Kilometer nördlich von Seridana gedeihen. Hinter dem Namen Thesys (These) verbirgt sich die (nicht bewiesene) Annahme, dass die sehr alte Syrah-Traube, die wenig ertragreich, dafür aber sehr geschmacksintensiv (mit starker Johannisbeer-Dominanz) ist, aus dem Orient stammen könnte (kalifornische Önologen fanden in DNA-Analysen hingegen heraus, dass Syrah mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Rhônetal stammt). Der Familie von Mario Pala, die in der dritten Generation Wein keltert, gefiel die These, auf diese Art den Orient mit dem Okzident als Allegorie für die sardische Geschichte zu vereinigen. Die Bovale-Traube wächst an den Hängen des Monte Arci und im Gennargentu sogar noch in wilder Form. Wie dem auch sei: Die Hochzeit zwischen Bovale und Syrah ist Mario Pala sensationell gelungen. Hier geht’s zur Website von Pala!

FINGER WEG JEDOCH vom Jahrgang 2012: Dieser Kollege ist hoffnungslos überlagert, voll von Weinstein, oft trüb und nicht selten schon mehr Essig als Wein!

Guter Preis: ca. 10 Euro

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Turriga (Betonung auf dem “i”) – IGT, Argiolas (Serdiana, Provinz Cagliari)

Dieser Kollege steht nicht am Ende der Liste, weil er mit Abstand der Teuerste dieser kleinen, aber feinen Auswahl ist, sondern weil er für mich auch die unbestrittene Nummer 1 aller sardischen Rotweine ist, ganz gleich, wieviel sie kosten.

Schon die Traubenmischung des Turriga verrät, dass hier viele Noten ein stürmisches Konzert am Gaumen auslösen: neben der sardischen Ur-Traube Cannonau als Basis zählen dazu die wiederentdeckte Bovale, Carignano und ein bestimmter Anteil Malvasia Nera.

Noch viel dichter und rassiger als der Korem, und doch überraschend rund im Abgang, stammen die Trauben dieses Königs aller sardischen Rotwein von den kalkigen Böden der Tenuta Turriga bei Selegas und der so genannten Piscina Trigus auf rund 230 metri über dem Meer. 18 bis 24 Monate reift er in französischen Eichenfässern, anschließend noch 12 bis 14 Monate in der Flasche, bevor er auf den Markt kommt.

Der konzentrierte Duft dunkler, reifer Waldfrüchte betört im Bukett, am Gaumen entfalten sich Spuren von Minze, feine Röstnoten, Schokolade, Lakritze und Noten mediterraner Macchia.

Dieser Wein ist so charakterstark und perfekt, dass er trefflich zu deftigen Wild- und Lammgerichten und reifem Pecorino gereicht werden kann. Die Kellerei fügt seinen Aromen das Prädikat “souplesse molto elevata” hinzu, was soviel wie “deutlich gesteigerte Geschmeidigkeit” bedeutet. Eine glatte Untertreibung. Ich genieße ihn daher am liebsten ohne alles.

Guter Preis: ca. 46 Euro

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