Wenn rote Ampeln nur eine Meinung sind

Sardegna – quasi un continente, Sardinien – fast ein Kontinent: so lautet eine Redensart, die Besuchern plakatives Sinnbild sein soll für die großen Unterschiede in den einzelnen Inselgegenden zwischen Dialekten, Trachten und Bräuchen. Und das gilt auch für das Verhalten von Autofahrern.

Denn wenn ein Passant sich auf Schrittlänge einem Zebrastreifen nähert und in Olbia der rollende Verkehr im Umkreis von 500 Metern so schnell erstarrt, dass selbst Hundertjährige mit Rollator verlegen einen sauberen Zeitlupensprint versuchen, riskiert man in Cagliari selbst im Leucht-Overall mit Hellebarde und Morgenstern bewaffnet das Leben bei dem Versuch, die Straße zu überqueren. Denn Fußgänger sind für Autofahrer hier vor allem eines: unsichtbar.

Das Gleiche gilt auch für rote Ampeln, die hier oft nichts weiter als eine Meinung sind. In Selargius am Stadtrand der Inselmetropole haben Kommune und Polizei an einer Kreuzung mit auffallend vielen Unfällen deshalb etwas hier völlig Neuartiges errichtet, das eine kleine Revolution auslösen könnte – auch wenn ein provinzieller Volksvertreter dieses Novum gerade als Fremdkörper geißelte, der nicht der Prävention, sondern nur dem Abzocken diene: eine Ampelblitzanlage. Das von ihm ignorierte Ergebnis lautet: die Unfallzahlen sind fast um die Hälfte gesunken.

Während es auf der Straße immer seltener kracht, ächzt inzwischen der Verschluss der Blitz-Kamera. Der hat an dieser einzelnen Kreuzung seit der Installation vor zehn Monaten nämlich mehr als 3000 Mal ‚Klick‘ gemacht.

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