Panikmache nach Papst-Rücktritt: Regionalzeitung schürt Angst vor Apokalypse

Die ersten zehn Seiten der Dienstags- und fünf der Mittwochsausgabe hat Sardiniens auflagenstärkste Zeitung L’Unione Sarda ergeben dem angekündigten Rücktritt des deutschen Papsts gewidmet. Mehrere Stationen seines Lebens werden darin noch einmal abgehandelt – von der Hitlerjungend bis zum Pontifikat. Eine Retrospektive, als wäre Joseph Ratzinger am Rosenmontag gestorben.

Steinalt und heilig: Malachias, Erzbischof von Armagh (ca. 1094-1148)

Steinalt und heilig: Malachias, Erzbischof von Armagh (ca. 1094-1148)

Auf der Homepage bestellte das Blatt kaum zwei Stunden nach der Rücktrittsankündigung von Benedikt XVI. die fromme Leserschaft zum moralischen Appell – und nutzte die Gunst der Stunde für ein bisschen blattbindende Panikmache im Volk, das für Aberglaube so empfänglich ist: “Die Prophezeiung des Malachias macht jetzt Angst – Die Apokalypse nach dem 111. Papst”.

Malachias, irischer Erzbischof von Armagh, war 1190 von Papst Clemens III. heilig gesprochen worden und ist unter anderem für seine Weissagungen bekannt. Die Prophezeiungen, beruft sich die Gazette auf Forscher esoterischer Kirchen-Geschichte, berichten von einem Papst, der “Petrus Romanus” genannt werde und dessen Pontifikat nicht nur mit dem Untergang Roms, sondern “wahrscheinlich” – die Zeitung lässt die Anführungszeichen weg – sogar mit dem der ganzen Welt enden soll. Kein Wort darüber, dass die Voraussagen nicht einmal von der katholischen Kirche anerkannt, sondern als Privat-Offenbarung abgestempelt wurden.

Heiligsprechung im Auftrag der Kirche: Hagiograph Clemens von Clairvaux

Malachias serviler Biograph im Auftrag der Kirche: Hagiograph Bernhard von Clairvaux (1090-1153)

Die Prophezeiung gilt dem 112. Papst, der nach Coelestin II. (er war nur fünf Monate Pontifex, bis er im März 1144, so wird vermutet, durch einen Giftanschlag starb) ernannt wird. Jener also, der von Ratzinger, nach dieser Liste Papst Nr. 111, das Amt in Kürze übernehmen soll – “einige Gegenpäste mitgezählt”, ergänzt L’Unione Sarda, vermutlich, um die Hardliner unter dem bigott-pedantischen Teil Leserschaft nicht unnötig zu verunsichern.

Was das Ende der Welt betrifft, ist die sich selbst als “unabhängig” deklarierende L’Unione Sarda, die sich seit den neuesten Wahl-Prognosen wieder als hemmungsloser Unterstützer von Silvio Berlusconi gefällt, noch bestens im Training. Denn auch zur vermeintlichen Maya-Prophezeiung, die die Apokalypse für den 21. Dezember 2012 vorausgesagt hatte, warb das Blatt Wochen lang mit Pauken und Trompeten für Sonderseiten zum “Ende der Welt” und Sonderveranstaltungen im hauseigenen Planetarium an der neuen “Piazza dell’Unione Sarda”.

bildschirmfoto-2013-02-13-um-22-44-51Natürlich fand sich unter den zehn Seiten der Dienstagsausgabe auch ein rührseliger Beitrag zu jenem Besuch, den der nun scheidende Papst im September 2008 Cagliari abstattete und zu dem “vielleicht” 100.000 Menschen gekommen sein sollen. “Die einzige traurige Nachricht dieses Tages der Heiterkeit”, predigte der Zeitungs-Jünger am Ende des Beitrages jovial, “war der übliche Demonstrant mit dem Schild ‘Der Staat ist laizistisch’, der von der Polizei gestoppt wurde. Benedikt wird auch ihm verziehen haben.”

Da hilft wohl nur noch eins: Beten.

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