Auf Pasolinis Spuren: Sardischer Regisseur schließt Dreharbeiten zu Fußball-Film ab

Es gibt einen neuen italienischen Kinofilm, über den in diesem Jahr noch viel geredet und geschrieben werden könnte: Terza Categoria. Wörtlich übersetzt heißt es die “dritte Kategorie”, die im Fußball in Italien jedoch nicht für Drittklassigkeit, sondern die 10. und damit letzte Spielklasse steht. Paolo Zucca, ein junger Regisseur aus Narbolia (Provinz Oristano), verbannt seinen korrupten Schiedsrichter Cruciani ein Edel-Schiri, die sich aus Eitelkeit dazu hinreißen lässt, ein Champions-League-Spiel nach den Wünschen von korrupten Sportfunktionären zu pfeifen – in genau diese Spielklasse. Was einer doppelten Bestrafung gleich kommt. Denn auch Carabinieri zum Beispiel, die sich auf dem italienischen Festland daneben benommen haben, wurden zur Strafe ins entlegene Sardinien versetzt.

Das, was diesen Film auf den ersten Blick von der Masse unterscheidet, ist die Farbe: sie fehlt, denn Zucca hat in Schwarzweiß gedreht. Damit hat er drei Jahre, bevor The Artist fünf Oscars abräumte und eine neue Lanze für Schwarzweiß brach, schon einmal großen Erfolg gehabt. Denn die Geschichte von Terza Categeoria hat er bereits als Kurzfilm inszeniert: L’arbitro, ‘Der Schiedsrichter’ – eine Kurzversion ist auf der Homapage von Zucca zu sehen. 2009 wurde er dafür mit rund zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter beim Kurzfilmfestival in Clermont-Ferrand, dem wichtigsten dieses Genres. In Italien heimste er dafür den David di Donatello ein – der wichtigste italienischen Filmpreis.

Das zweite, was den Film von den üblichen Produktionen unterscheidet, ist perfekt schon in der Kurfassung von Terza Categoria zu erkennen: Eine auffallend einfallsreiche Bildkomposition, die keinen noch so großen Aufwand scheut und mit Perspektiven, Unschärfen, Slow Motion und Detailaufnahmen erfrischend ideenreich umgeht und hier und da Erinnerungen an Pasolini und Fellini wachwerden lässt. Das gilt ebenso für die Musik (wie zum Beispiel Bachs Matthäus-Passion) und die Wahl der Protagonisten, die bis auf eine Handvoll erlesener Hauptdarsteller (wie Stefano Accorsi, Francesco Pannofino oder die aus Sardinien stammende, in ganz Italien beliebte TV-Moderatorin Geppi Cucciari) allesamt Laiendarsteller sind – und fast alle aus Sardinien stammen, wo auch fast der gesamte Film gedreht wurde.

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Fußball und Korruption sind der Rote Faden dieses Streifen, der ein unterhaltsames und bildgewaltiges Crossover aus Drama und Komödie ist, die Zucca ganz gezielt miteinander vermischt. Die Botschaft aber geht weit darüber hinaus. “Der Fußball eignet sich hervorragend für Metaphern und Symbolik. Hier gelten viele Regeln, die auch außerhalb des Platzes das Leben bestimmen. Man zahlt für die eigenen Fehler – oder auch nicht, weil irgendetwas Unvorhergesehenes passiert.” Und das Stadion, so Zucca, sei dabei die Arena, in der diese Kräfte aufeinander stoßen. Das Prinzip Schuld und Sühne dient ebenfalls als Leitfaden und Metapher für den Film – “mit einer Apokalypse, einer Art biblischem Urteil am Ende”.

Abgesehen von der hohen Ästhetik, die für Zucca Schwarzweiß darstellt, war es ihm auch wichtig, das Bild seiner Insel zu abstrahieren. “Ich wollte auf alle Fälle vermeiden, dass der Film als eine Art Werbung für das Urlaubsparadies Sardinien wahrgenommen wird. Sondern eher eine von diesem Klischee losgelöste Landschaft, die sich an den Szenen aus dem Buch Futbol des argentinischen Journalisten und Schriftstellers Osvaldo Soriano orientiert. Ein Fantasie-Land ähnlich Sorianos Patagonien oder der Stadt Macondo von Gabriel Garcia-Marques. Etwas, das in meinem Kopf entstanden ist und das nicht 1:1 die Wirklichkeit wiedergibt.”

Im Frühjahr und Sommer wird Zucca Terza Categoria bei verschiedenen Festivals präsentieren. Der Kino-Start ist für Italien und Frankreich im Herbst geplant. Wann er in deutscher Fassung zu sehen ist, steht noch nicht fest.

Eine sechsminütige Radio-Reportage des Autors über den Abschluss der Dreharbeiten im San-Nicola-Stadion von Bari, die vor kurzem bei Deutschlandradio Kultur gesendet wurde, ist im Archiv von dradio Kultur zu finden. Hier im mp3-Format die 6-Minuten-Reportage (von Blog-Autor Ulf Lüdeke):

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