Kary Khouma in sardischer Tracht: Foto verzaubert Netzgemeinde – mit diversen rassistischen Ausnahmen

Olbia/Codrongianus, 23. August 2020. Kary Khouma, 21, träumt davon, sich in Sassari als Krankenschwester ausbilden zu lassen – und modelt nebenbei. Vor wenigen Tagen stieß sie auf ein Foto-Shooting in Codrongianus in der Nähe von Sassari, bei dem ein Kleid der atemberaubend schönen sardischen Trachtenkostüme aufgenommen wurden. “Ich war auf dem Set wegen anderer Dinge, der Besitzer des Kostüms hat mich gefragt, ob ich es anziehen wollte und mich fotografieren lassen würde”, sagte Khouma der Nachrichtenagentur Ansa.

Das Ergebnis dieser spontanen Idee ist eine gediegene Kombination aus Farben und Eleganz, aus einem schönen, in sich ruhenden Stolz, den Kary Khouma mit allem Sarden teilt. Und die der Besitzer des Kostüms, Andrea Zucca Pais, der seit Jahren selbst bei verschiedenen traditionellen Fest der Jahrtausende alten sardischen Kultur bei Umzügen als Protagonist teilnimmt, auf seinem Facebookaccount postete.

Andrea Zucca Pais kleidet Kary Khouma für sein Foto ein.

Das Netz reagierte entzückt – und überschüttete den jungen Sarden mit Komplimenten. Diverse allerdings sahen das allerdings auch anders – und tobten sich mit fremdenfeindlichen Kommentaren zum Bild aus.

Sardinien Intim verzichtet darauf, diese beleidigenden, ehrverletzenden Kommentare auch noch an dieser Stelle zu wiederholen. Wir beschränken uns darauf, nur einen zu zitieren, der zeigt, wie unflexibel Verständnis und Toleranz selbst bei Menschen sind, die es eigentlich besser wissen müssten. Und zwar ganz besonders, wenn es um ein Werk wie dieses von Andrea Zucca Pais und Kary Khouma geht, das vor allem als künstlerische Idee zu verstehen ist – und als ein Zeichen des Zusammenhalts.

So schrieb eine Kommentatorin folgendes: “Schön, das Model. Sie aber in einem traditionellen Kostüm zu sehen, weckt in mir widersprüchliche Gefühle. Ich bin selbst Ausländerin und hätte es bevorzugt, ein traditionelles Kostüm aus meinem Land anzuziehen, und ich wäre stolz darauf gewesen. Eine wahr eIntegration existiert nur, wenn verschiedene Kulturen miteinander leben und versuchen, das Beste von sich zu zeigen, die verschiedenen Kulturen miteinander vergleichend – und nicht, wenn die eingewanderte Kultur die Individualität der Herkunft zerfleddert.”

Kary Khouma hat zwar senegalisische Eltern. Aber sie ist das, was die Sarden eine “Sarda D.O.C.” nennen, wie die Sarden selbst sagen – eine “Sardin mit überprüfter Herkunftsqualität”. Sie sagen dies sogar als Kompliment zu Ausländern, die in Sardinien leben und die Sarden und ihr Land lieben, aber ganz woanders geboren sind.

Kary Khouma wurde vor 21 Jahren in Olbia geboren.

Die 21-Jährige sieht die Kommentare locker. “Die Kommentare lassen mich unberührt. Wer diese starre Position teilt, weiß nicht, dass er mit einem sardischen Mädchen spricht, geboren und aufgewachsen in Olbia, stolz auf seine Herkunft, aber fest verbunden mit Sardinien, ihrem Land”.

Pais selbst kommentierte die finsteren Kommentare mit einem Gedicht der sardischen Schriftstellerin Grazia Deledda, die 1927 den Nobelpreis für Literatur gewann: “Wir sind Spanier, Afrikaner, Phönizier, Karthager, Araber, Pisaner, Byzantiner, Piemonteser. Wir sind das Goldgelb der Ginsterbüsche, die über den granitenen Wegen der Gallura herabfallen wie große, leuchtende Lampen. Wir sind die wilde Einsamkeit, die immense, tiefe Ruhe, die Pracht des Himmels, das Weiß der Zistrose. Wir sind das dichte Reich der Wilden Pistazie, der Wellen, die den alten Granit umspülen, der Hagebutte, der Unendlichkeit des Meeres. Wir sind ein altes Land langer Stillen, reiner und weiter Horizonte, dunkler Pflanzen, von der Sonne und der Blutrache verbrannte Berge. Wir sind Sarden.“

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2 Antworten

  1. Franky sagt:

    Ein “Wahnsinnsfoto”. Perfekt das Modell und die Tracht.

    Wie man sich darüber aufregen kann ist mir ein Rätsel. Schönheit zu Schönheit. Seit wann wäre die national begrenzt?

  2. Thomas Schlegel, Prof. Dr. sagt:

    Liebe Redaktion,
    ich möchte Ihnen kurz zu Ihrem professionellen Journalismus, den guten, unaufgeregten Recherchen und Beiträgen und der gelungenen Sprache gratulieren. Das ist selten gewordener Journalismus und wir erfreuen uns sehr daran.
    Mit herzlichem Gruß
    Tom Schlegel

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