„Blue Zone“ – kein Covid-19-Fall in der Ogliastra: Sardiniens Hundertjährige resistent gegen Coronavirus?

Viele Hundertjährige in der Ogliastra arbeiteten noch bis in ihr zehntes Lebensjahrzehnt auf dem Feld – oder zwischen den Rebstöcken. Foto: Cantina Ogliastra

Lanusei, 13. August 2020. Sardinien ist bekannt für die extrem hohe Anzahl von Hundertjährigen in der Bevölkerung. Dass das Coronavirus alte Menschen besonders gefährdet, ist inzwischen allgemein bekannt. Doch gilt statistisch nun ebenfalls als untermauert, dass hohes Alter allein als Risikofaktor nicht ausreicht. Als bester Beweis dient dafür nur die Ogliastra, auch als eine von fünf weltweit „Blue Zones“ bekannt, als magische „blaue Zone“ mit extremer Langlebigkeit. Denn in der Bergregion an der Ostküste um Tortolì und Lanusei leben die meisten Hundertjährigen auf Sardinien. Und genau diese Gegend taucht in der Statistik der Covid-19-Fälle bislang noch immer nicht auf, berichtet jetzt „L’Unione Sarda“.

Social Distancing als Evolutionskonzept

Zwar ist die Bevölkerungsdichte in der Ogliastra noch niedriger als der sardische Durchschnitt, obgleich die Insel ohnehin zu den dünnstbesiedelten Regionen Europas zählt. Und Social Distancing scheint hier ebenfalls seit Tausenden Jahren zum Evolutionskonzept zu gehören. Aber es bleibt eine Tatsache, dass die Coronaviren hier offenbar weniger Chancen haben, die Menschen zu infizieren als anderswo auf Sardinien.

Malaria-Theorie noch nicht untersucht

Es gibt bislang wissenschaftlich unbestätigte Vermutungen, dass diese Covid-Resistenz möglicherweise mit einer auffallenden Resistenz gegen Malaria einhergehen könnte. Viele der Bewohner der Ogliastra haben Malaria-Antikörper im Blut. Sicher sind sich Gerontologen wie Luca Deiana (siehe Radioreportage am Ende des Textes) jedoch, dass hinter der hohen Lebenserwartung ein Mix aus mehreren so regionenspezifischen Faktoren steckt. Dazu gehören eine genuine Ernährung völlig unbehandelter Produkte, ein Verzicht auf Fleisch im fortgeschrittenen Alter, einem sehr dezenten, aber regelmäßigem Konsum sardischen Rotweins reich an Antioxidanzien. „Und auch die Art und Weise, wie die Familien, die hier oft mit vier Generationen gleichzeitig unter einem Dach leben, mit ihren Methusalems umgehen, dürfte sich positiv auf ein langes Leben auswirken. Sie behandeln sie wie Diamanten“, verriet Deiana Sardinien Intim.

Eine weitere Besonderheit der Ogliastra ist, dass hier die Männer deutlich älter als die Frauen werden. Viele von den Hundertjährigen haben bis weit in ihr zehntes Lebensjahrzehnt hinein auf den Feldern und in den Bergen als Bauern oder Schäfer gearbeitet und im Sommer bis weit in die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts oft unter primitivsten Bedingungen gelebt.

Männer werden älter als Frauen

Gerontologen wie Fracensco Cukcca, wie Deiana von der Universität Sassari, wollen nach dem Ende der Corona-Pandamie untersuchen, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Covid-Resistenz und dem hohen Malaria-Antikörperanteil der Ogliastrini geben könne. „Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf die Notlage der Pandemie in Sardinien“, so Cucca.

Hier die Radio-Reportage über die Arbeit der Altersforscher mit den sardischen Hundertjährigen (Deutschlandradio Kultur, Autor: Ulf Lüdeke, Länge: 5 min):

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert