“Vertraue, dass Gott mir hilft”: Sardiniens neuer Landtagspräsident (Lega) stellt Verfassung in Frage
Knapp zwei Monate nach der überraschend deutlichen Niederlage von Cagliaris Ex-Bürgermeister Massimo Zedda (Mitte-Links-Bündnis) gegen Christian Solinas (Mitte-Rechts) bei der Regionalwahl in Sardinien bestimmen gleich zwei Schlagzeilen die Politik der autonomen Region. Erstens: Solinas hat noch immer keine sichere Mehrheit im Parlament. Zweitens: Die politische Vertretung der Sarden wird mit Michele Pais, einem Anwalt aus dem katalanisch geprägten Alghero, erstmals von einem Präsidenten angeführt, der Jünger der fremdenfeindlichen Lega von Italiens Außenminister Matteo Salvini ist.
Die Wahl zeigt einmal mehr, dass Sardinien schon immer etwas anders als der “Kontinent” war, wie die Sarden das italienische Festland mit leicht despektierlichem Unterton nennen. Gründe gibt es dafür viele. Die meisten, ob nun gerechtfertigt oder nicht, gediehen dabei auf einer hemmungslosen Ausbeutung der Insel zunächst durch das Königreich und dann durch die Republik.
Wie bizarr die Stilblüten sind, die diese Unterschiede manchmal treiben, zeigte Pais selbst, indem er nun dem sardischen Parlamentsfernsehen ein joviales Interview gab und gleich Artikel 7 und 8 der italienischen Verfassung indirekt in Frage stellte, in der die klare Trennung von Staat und Kirche garantiert werden: “Ich vertraue Gott, unserem Herrn, dass er mir beistehe bei dieser Aufgabe”, so Pais. Immerhin beruft sich der bärtige Jurist nicht auf Salvini.
Knapp 48 Prozent der Wähler hatten am 24. Februar Christian Solinas zum neuen Präsidenten der Region gemacht, nur knapp 33 Prozent hingegen votierten für den erfolgreichen Ex-Bürgermeister von Cagliari Massimo Zedda, der nun in den Landtag als normaler Abgeordneter zurückkehrt.
Solinas gehört dem Partito Sardo d’Azione an. Die “Sardische Aktionspartei” wurde 1921 von einer Reihe Veteranen des Ersten Weltkriegs gegründet, darunter der bekannte Schriftsteller Emilio Lussu aus Armungia in der Provinz Cagliari. Die Partei ist hervorgegangenen aus einer Autonomie-Bewegung, die in Sardinien jedoch nie so stark und schon gar nicht gewalttätig gewesen ist wie zum Beispiel die FLNC auf der französischen Nachbarinsel Korsika oder die ETA im Baskenland, die jahrelang Anschläge gegen den Staat verübten.