TV-Serie aus Sardinien fasziniert Millionenpublikum mit Bildern aus Carloforte

Gianni Morando und Chiara Baschetti, die im Film Morandis Tochter Elena gibt – hier in einem Haus am südwestlichen Strand La Caletta von der Isola di San Pietro.

Optisch und musikalisch ist er so eine Art Udo Jürgens von Italien – Gianni Morandi, einer der dienstalätesten und bekanntesten Schlagersänger des Landes. Seit etwas mehr als einem Jahr ist der Barde und Gelegenheitsmime nun zusätzlich zu Sardiniens prominentestem Gratis-Werbeträger mutiert. Und zwar als Pietro, extra-empathischer Kinderarzt mit herzzerreißend hübscher Fotomodell-Tochter (Chiara Baschetti) und einem Halstuch tragenden Golden Red River, der mit „Mirto“ auf den Namen des schluckweise urlaubstraumverlängernden sardischen Myrte-Likörs hört.

Zudem ist Pietro, im echten Leben bald 74, in dieser neuen italienischen Soap Opera von einem Diensteifer durchtränkt, der ihn nicht nur kostenlos als Hobby-Psychologe gebrochene Herzen heilen lässt, sondern als Film-Kinderarzt im fortgeschrittenen Rentenalter auch das Retten von Kinderleben unter Einsatz seines eigenen als völlig normalen Alltag erleben lässt (wie könnte es auch anders sein in einem Land, das so gerne eskaliert, für das Wort Eskalation aber keinen eigenen Begriff hat). Doch hier nach diesen Thomas-Mann-Sätzen nun endlich das Schmankerl an der Sendung: sie wird produziert auf der Isola di San Pietro, dem rund 50 Quadratkilometer kleinen Eiland am Südwestzipfel Sardiniens, Ziel zahlreicher Sehnsüchte und nur per Boot zu erreichen.

Schon bei der megaerfolgreichen Pater-Brown-Adaption „Don Matteo“ und dem modernen Förster-Heimatfilm-Epos „Un passo dal cielo“, überraschend pfaffenhaft von keinem Geringeren als  Mario Girotti (alias Terence Hill) in Szene gesetzt, gelangen der TV-Produktionsfirma Lux Vide eine vom italienischen Publikum innig geliebte Inszenierungen. (Der oben zeichnende Blog-Babbo hat über Hill beim Riva-Verlag die bislang einzige Biographie über den scheuen Schauspieler herausgebracht, der gerade erneut als Regisseur mit seiner Produktion „Mein Name ist Somebody“ floppte. Kleines Geheimnis für alle Hill-Fans am Rande: Der Schauspieler wollte nicht kollaborieren, weil seine Frau, Tochter deutscher Auswanderer aus Bayern, angeblich an der Biografie vom einstigen Strahlemann arbeitet. Muss ein dickes Buch werden: die Info von Hills Agentem stammt aus dem Jahr 2011).

Doch nicht nur, was untergejubelte religiöse Kontexte in Soap-Opera-ähnlichen Plots betrifft, hat die Lux-Vide-Familie Bernabei ein feines, Erfolg versprechendes Gespür für Filmproduktionen. Ettore Bernabei, Begründer der Filmproduktions-Dynastie in der Ewigen Stadt, hatte jahrzehntelang als Direktor des staatlichen Rai-Senders und Mitglied der umstrittenen katholischen Organisation Opus Dei erheblichen Einfluss auf italienische TV-Produktionen. Nein: auch, was landschaftliche schöne Orte betrifft, hat die Bernabei-Dynastie zugegebenener Maßen ein gewinnversprechendes Gespür. Denn nach dem umbrischen Mittelalter-Märchenort Gubbio („Don Matteo“) und dem Südtiroler Pustertal-Ort Innichen („Un passa dal cielo“) führt Sohn Luca das fromme, farbenfrohe Film-Vermächtnis von Papa Ettore nun in Carloforte auf der Isola di San Pietro mit „L’Isola di  Pietro“ fort.

Um nur ein kleines Details von dem vor allem Tränendrüsen, Großmütterträume und Gähnreize stimulierenden Inhalt der Serie zu verraten, die bislang offiziell nur im italienischen TV und online beim Lieblingskanal Canale 5  von Bunga-Bunga-Berlusconi zu sehen ist: Selbst für Nicht-Liebhaber italienischer Seifenopern lohnt sich ein Blick auf das Material, da es ungewohnt intime Ansichten des inhaltlich fiktiven, aber visuell realen Dorflebens in Szene setzt. Prädikat: Schmökern lohnt.

Da der Blog-Papa auf der Insel selbst vier Jahre lebte, ist er Gianni Morandi & Co. natürlich (bis auf seine Kohle) einiges voraus. Und kann nur unterstreichen: ein Abstecher nach Carloforte und der Isola di San Pietro lohnt immer und zu jeder Jahreszeit. Die Insel ist Sardinien in klein, bietet schrille Besonderheiten wie die Mattanza und eine vollkommen unsardische, ligurische Kultur.

Und auch die Sprache ist anders: nicht Sardisch, sondern Genuesisch wird hier parliert, und zwar im Dialekt auf dem Stand des 16. Jahrhundert, als seinerzeit eine kleine Schar von Korallen- und Thunfischern die Gemeinde Pegli Richtung der tunesischen Halbinsel Tabarka verließen. 250 Jahre später hatten die Araber dann die Schnauze voll von den italienischen Schotten, die zurück Richtung Genua segelten und Dank des damaliegen Königs von Piemont-Sardinien, Carlo Emmanuele, auf halber Strecke hängen blieben, da Carlo – ganz stark – ihnen die Isola di San Pietro als neues Siedlungsgebiet schenkte. Die „Tabarkini“ nannten den Ort, den sie bauten, in voller Dankbarkeit „starker Karl“, Carloforte.

Und von Gianni Morandi sind im Übrigen nicht nur die Carlofortini, die jeden Film von Pietro alias Gianni vor der Glotze verfolgen, sondern auch der Bürgermeister und die sardischen Tourismus-Könige äußerst entzückt. Denn sie haben der Insel in diesem Jahr einen Boom beschert, den es seit den goldenen 80er- und 90er-Jahren dort nicht mehr gegeben hat.

Hier der Link für all jene, die sich die Serie anschauen wollen. Es gibt viele Gaststars, sogar George Clooneys sardische Ex-Freundin Elisabeta Canalis.

Buon divertimento!

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